HOMÖOPATHISCHE STERBEBEGLEITUNG FÜR TIERE

"Ich bin nicht tot, ich tausche nur die Räume.
Ich leb’ in Euch und geh’ durch Eure Träume."

– Michelangelo -


Jeder Tierbesitzer weiß, dass dieser Tag irgendwann kommt. Der Tag, an dem er Abschied von seinem treuen Begleiter nehmen muss. Der Tag, an dem er entscheiden muss, ob sein krankes oder altes Tier eingeschläfert werden oder eines natürlichen Todes sterben soll.

Bei dem Gedanken an Sterben und Tod fühlen wir uns hilflos und unsicher. Wir fürchten uns vor dem, was auf uns zukommt und – was das Allerschlimmste ist – wir sind unendlich traurig. Gleichzeitig möchten wir die richtige Entscheidung für unser Tier treffen. Aber was ist das Richtige?

In der heutigen Zeit hat sich die Einschläferung zu einer Standardlösung entwickelt, weil der Tierarzt dazu rät oder auch weil die Besitzer keine Alternative kennen. Sie argumentieren damit, dass das Tier nicht leiden soll und dass sie es erlösen möchten. Aber woher wollen sie wissen, dass eine Einschläferung friedlich verläuft? Es ist eine Atemlähmung unter Narkose, der Tod folgt durch Ersticken.

Wenn man genauer hinschaut, liegt das Problem ganz woanders: Es ist der Mensch, der sein eigenes Leid nicht ertragen und den Sterbeprozess seines Tieres nicht mitansehen kann oder will. Die Verunsicherung ist groß, aber noch größer ist die menschliche Angst vor dem Sterben sowie der Wunsch, sich nicht damit auseinander setzen zu müssen. Unsere Tiere hingegen wissen, wann es Zeit ist und beschreiten tapfer diesen letzten Weg. Ist eine Einschläferung also wirklich die Lösung oder nur eine Flucht vor dem Unausweichlichen?

Aus Sicht des Tieres bedeutet die Einschläferung, dass ihm das Erleben des natürlichen Sterbeprozesses genommen wird. Es kann sich nicht vom Leben verabschieden und versäumt eine sehr wichtige Erfahrung: Die Befreiung und Weiterentwicklung seiner Seele.

Unsere Gefährten haben uns in guten Zeiten begleitet – ist es dann nicht unsere moralische Pflicht, sie in schlechten Zeiten und bis zum letzten Atemzug zu begleiten? Sollte unser treuer Freund seinen Lebensweg nicht selbst zu Ende gehen dürfen? Was berechtigt uns dazu, einem beseelten und selbst bestimmten Wesen diese Entscheidung abzunehmen?

Das Sterben - ein natürlicher Vorgang

Als Tierheilpraktikerin werde ich nicht nur mit dem Tod meiner eigenen Tiere, sondern auch mit dem meiner Patienten konfrontiert. Zu Anfang wusste ich nichts über den natürlichen Sterbeprozess und die homöopathische Sterbebegleitung. Doch als meine Tiere älter wurden und dieses Thema unausweichlich im Raum stand, begann ich, mich damit zu befassen.

Bei der Sterbebegleitung geht es darum, dem sterbenden Tier – und vor allem dem Besitzer - auf diesem letzten Weg beizustehen. Aber noch wichtiger ist der Aspekt, dem Besitzer zu erklären, wie der Sterbeprozess abläuft. Denn erst wenn man diesen verstanden hat, fühlt man sich sicherer: Der Tod verliert einen Teil seines Schreckens. Er ist nicht mehr der große Unbekannte.

Besitzer, die sich gegen eine Einschläferung entscheiden, erleben die homöopathische Sterbebegleitung als sehr schöne und wertvolle Erfahrung. Sie sind dankbar, dass sie den Mut gefunden haben, ihren treuen Freund auf diese Art zu verabschieden und berichten, wie friedlich ihr geliebtes Tier gestorben ist.

Sterben ist kein Irrtum, sondern der letzte, unvermeidliche Lebensabschnitt. Es ist zwar ein schmerzlicher, aber auch ein ganz natürlicher Vorgang, so wie die Geburt. Jedes Lebewesen wird geboren und stirbt - beide Vorgänge sind untrennbar miteinander verbunden.

Bei einer Geburt werden Schmerz und Anstrengung hingenommen. Das erschreckt niemanden, und wir würden nicht auf die Idee kommen, den Geburtsvorgang deswegen zu unterbrechen. Eine homöopathische Behandlung kann die Schmerzen lindern – jedoch nur die der Mutter und nicht die des Neugeborenen.

Für den Sterbenden kann die klassische Homöopathie weitaus bessere Dienste leisten. Je nach vorliegender Symptomatik wird ein passendes Mittel ausgesucht, dass dabei helfen soll, die natürlichen Sterbephasen leichter zu durchlaufen. Schmerzen, aber auch Ängste können dadurch gelindert und das Loslassen erleichtert werden.

Allerdings ist die Verabreichung eines homöopathischen Sterbemittels nicht mit einer alternativen und sanften Form der Einschläferung gleichzusetzen. Denn kein Homöopathikum der Welt vermag ein Tier zum Sterben zu bewegen, das noch nicht dazu bereit ist. Wenn noch genug Lebenskraft vorhanden ist, kann das homöopathische Mittel sogar zu einer Erholung führen. Ist die Lebenskraft hingegen erschöpft und das Tier zum Sterben bereit, so soll die Gabe des passenden Mittels den Sterbeprozess eröffnen, damit die natürlichen Sterbephasen durchlaufen werden können.

Die Sterbephasen

Aus Sicht des tibetischen Buddhismus löst sich der Körper im Sterbeprozess in seine vier Elemente auf: Erde, Wasser, Feuer, Luft. Die Auflösung dieser Elemente erkennt man an den körperlichen und seelischen Veränderungen. Erst nach Vollendung dieser Phasen können Körper und Seele sich voneinander trennen.

Die Erdphase
Die Auflösung des Erdelements erkennt man daran, dass die Tiere die Nahrung verweigern oder nur noch sehr wenig fressen. Sie setzen kaum noch Kot ab und sind häufig stark abgemagert. Außerdem werden sie unbeweglicher, steifer und schlafen sehr viel.

Die Wasserphase
Bei der Auflösung des Wasserelements trinken die Tiere viel und verlieren Körperflüssigkeiten. Oder sie trinken gar nicht mehr, wodurch der Körper austrocknet.

Diese veränderte Flüssigkeitsaufnahme führt dazu, dass die Schleimhäute entweder viel Schleim produzieren oder austrocknen. Manchmal ist eine rasselnde Atmung zu hören.

Die Austrocknung des Körpers ist Teil des natürlichen Sterbeprozesses und führt zu einem Anstieg der Endorphinproduktion. Diese wiederum lindert Schmerzen. Durch eine künstliche Flüssigkeitszufuhr (Infusion) in dieser Sterbephase wird das Sterben erschwert.

Die Feuerphase
Bei der Auflösung des Feuerelements kommt es zu Hitze- und Kälteempfindungen, weil sich die Körpertemperatur verändert. Die Tiere suchen Wärme oder auch Kälte. Allmählich kühlt der Körper ab, besonders an den Extremitäten.

Manche Tiere laufen unruhig herum, obwohl sie eigentlich schwach sind. Es können starke Gemütsbewegungen auftreten, z. B. schreien sie oder erkennen ihren Besitzer nicht mehr. Auch diese Vorgänge sind ganz natürlich, weil das Bewusstsein die körperliche Existenz verarbeitet. Die letzten Energiereserven werden verbraucht und die Feuerphase vollendet.

Die Luftphase
Die Auflösung des Luftelements erkennt man an einer veränderten Atmung. Wenn diese schließlich aussetzt, tritt der Tod ein.

Der letzte Dienst, den man einem Freund erweisen kann, ist, ihn im Sterbeprozess zu begleiten. Wer das für ein geliebtes Wesen tut, zeigt wahren Mut und tiefe Zuneigung. Und nicht nur das - er kann viel für das eigene Leben und Sterben lernen!

Erfahrungsbericht einer Besitzerin, die für ihren Hund den Weg der homöopathischen Sterbebegleitung gewählt hat:

Unser Rauhaardackel „Moritz“ kam im Frühjahr 2008 wegen seiner schweren Erkrankung zu María del Carmen Cruz Dacal (Tierheilpraktikerin) in homöopathische Behandlung. Er litt am Cushing Syndrom und bekam schon seit einiger Zeit schulmedizinische Medikamente. Weil ich gerne mehr für ihn tun wollte, entschied ich mich zusätzlich für eine naturheilkundliche Therapie. Aber noch bevor Frau Cruz Dacal mit der homöopathischen Behandlung beginnen konnte, verschlechterte sich Moritz Zustand ganz plötzlich. Zu diesem Zeitpunkt sagte die behandelnde Tierärztin, dass sie nicht mehr viel für ihn tun könne, da das Cushing Syndrom über kurz oder lang in der Regel zum Tod führt. Trotzdem wollte ich die homöopathische Therapie versuchen und bat Frau Cruz Dacal um Hilfe.

 

In den darauf folgenden dreieinhalb Jahren konnten wir Zeuge werden, welch beeindruckende und mächtige Medizin die Homöopathie ist! Moritz Befund lautete zwar immer noch Cushing, aber die Symptome gingen zurück und in den letzten anderthalb Jahren verschwanden sie sogar. Nach diesen drei geschenkten Lebensjahren ist Moritz dann im Sommer 2011 im Alter von sechzehn Jahren an Altersschwäche gestorben.



Während der langen homöopathischen Behandlung habe ich des Öfteren mit Frau Cruz Dacal über die homöopathische Sterbebegleitung gesprochen. Zu Beginn konnte ich mir kaum vorstellen, einen solchen Weg zu gehen. Schließlich dachte ich ja auch, dass das Einschläfern durch den Tierarzt der „Königsweg“ und für das Tier am Ende eine Erlösung sei. Je länger ich aber die großen Möglichkeiten der Homöopathie miterleben durfte, umso mehr war ich der Überzeugung, die homöopathische Sterbebegleitung versuchen zu wollen. Durch die Gespräche mit meiner Tierheilpraktikerin und die Informationen, die sie mir zur Verfügung stellte, war ich dann gut auf das, was kommen würde, vorbereitet.

 

Moritz Sterbeprozess hat mehrere Wochen gedauert. Er hat dabei schulbuchmäßig die Phasen des Sterbens durchlaufen, immer wieder unterbrochen von einem Schritt zurück in die vorherige Phase. Wenn man aber weiß, wie die Phasen typischerweise verlaufen und dass solche Rücksprünge durchaus normal sind, dann verfällt man als Besitzer und Sterbebegleiter auch nicht in Panik oder meint, irgendetwas tun zu müssen.



Zumindest war meine Erfahrung so, dass ich es einfach gut geschehen lassen konnte. Parallel erfolgte natürlich eine ständige Abstimmung mit Frau Cruz Dacal. Es war unglaublich beeindruckend, wie entspannt Moritz diesen Weg gegangen ist. Und, es war zwar traurig, aber auch wirklich sehr schön, diesen Weg mit ihm gemeinsam gehen zu können. Am Ende ist er ganz friedlich eingeschlafen.

Ich persönlich habe durch Moritz Sterbebegleitung viel gelernt. Das Sterben ist wirklich kein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess, der mit dem Tod endet. Diesen Prozess und Weg vollständig mitgegangen zu sein - an der Seite eines total entspannten Hundes - hat auch den Schrecken des Todes gemildert und die Trauer danach klarer und erträglicher gemacht.

Zum Schluss noch zwei weitere Anmerkungen:

  1. Mitten in der Sterbephase gab es zwei Tage, in denen ich mir gewünscht hätte, Moritz würde sich mit dem Sterben etwas beeilen. Das muss er gemerkt haben, sich gedrängelt gefühlt haben, denn er war mir gegenüber irgendwie „sperrig“. Als ich selbst erkannt habe, dass ich versuchte, ihn zu drängeln, habe ich auch das ablegen können und ihm vermittelt, dass er seinen Weg in dem von ihm gewünschten Tempo gehen kann. Ab diesem Moment war Moritz wieder ganz offen und entspannt. Das Zeitgeben und Aushalten durch den begleitenden Menschen erscheint mir daher ganz wichtig.
  2. Bei Moritz Bruder „Max“ (dem Hund meiner Eltern) haben wir ein halbes Jahr nach Moritz Tod auch eine homöopathische Sterbebegleitung begonnen. Max wirkte ebenfalls sehr entspannt und hat sich viel Zeit für seinen Sterbeprozess genommen. Leider konnten meine Eltern das nicht bis zum Schluss aushalten und haben Max kurz vor dem Ende doch noch einschläfern lassen. Beim Einschläfern war ich dabei und habe Max gehalten und gestreichelt. Als die Tierärztin das Narkosemittel gespritzt hat, hat sich der bis dahin ruhig liegende Hund aufgerichtet und gewehrt. Dabei hat er laute Geräusche von sich gegeben, die ich nur als Protestäußerung interpretieren kann. Das Narkosemittel hat dann auch nicht gewirkt, so dass die Tierärztin eine Überdosis davon nachspritzen musste. Daraufhin ist Max Herz stehen geblieben, bevor das Tötungsmittel injiziert wurde. (Anmerkung v. M. Cruz Dacal: Durch die Zusammenarbeit mit meiner Tierärztin habe ich einige Einschläferungen miterlebt und kann bestätigen, dass häufig eine viel höhere Menge Narkosemittel verabreicht werden muss, als normalerweise nötig wäre.)

Ich hatte den Eindruck, dass Max entsetzt war, seinen Weg nicht selbst zu Ende gehen zu dürfen, worauf er vermutlich wegen der vorangegangenen Sterbe-begleitung und der ihm gegebenen Zeit vertraut hatte.


Natürlich muss meine Empfindung nicht der Realität entsprechen, sondern ist eine persönliche Interpretation. Auf jeden Fall möchte ich aber zu bedenken geben, dass das Einschläfern kein Sterben ist, sondern ein „Gestorben-Werden“. Allein nachmittags schon zu wissen, dass der Tod durch Einschläfern am frühen Abend eintreten wird, das war für mich absolut unnatürlich. Ich bin froh und dankbar, dass ich mit Moritz einen anderen Weg gehen konnte.

Angela Giese, Düsseldorf